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Rioja Weinprobe vom 21.2.2024

Das geschah während der Weinprobe Rioja …

Nun, da sitzen wir also, eine illustre Runde von Weinkennern, bereit, uns durch eine Flut von Flaschen zu trinken, die so edel sind, dass sie wahrscheinlich selbst sprechen könnten – wenn wir ihnen nur genug Zeit zum Atmen geben würden. Aber wer hat schon Zeit dafür, wenn das Collegium Vini ruft?

Erstens, der Viña Pomal Blanco 2023. „70% Viura und 30% Malvasia“, verkündet der Sommelier stolz, als wäre es das Rezept für den Friedensnobelpreis. Ein Schluck davon und man könnte meinen, die Trauben hätten einen Universitätsabschluss.

Dann der Ad Libitum Tempranillo Blanco 2020. „100% Tempranillo blanco“, als ob wir bei einer Weinverkostung Mathe bräuchten. Aber ich sage Ihnen, nach dem ersten Glas fühlt man sich wie ein Genie – oder zumindest glaubt man das.

Weiter geht’s mit dem Altanza Sauvignon Blanc 2022. Ein Mix aus Sauvignon Blanc und Viura, weil, warum sollte man sich mit einer Traube zufriedengeben? Das ist wie ein kulinarisches Duett, bei dem man nicht sicher ist, wer die Leadstimme hat.

Der Rioja Bordón Rosado 2022 springt als nächstes ins Glas. „50% Garnacha und 50% Viura“ – eine perfekte Gleichung für Leute, die sich nicht entscheiden können. Ein Rosé, so vielseitig, dass er fast um eine eigene Show im Fernsehen bittet.

Artadi Tradición 2022 tritt auf. „90% Tempranillo und 10% Viura“, denn offensichtlich sind 100% Tempranillo einfach zu mainstream. Ein Wein, der so komplex ist, dass man beim Trinken fast ein Strategie-Meeting abhalten möchte.

Dann kommt der Viña Bosconia Reserva 2012. Ein alter Hase im Vergleich, mit einer Mischung, die so geheimnisvoll ist, dass man fast einen Detektiv einstellen möchte, um sie zu entschlüsseln.

Weiter mit dem Artuke Finca Los Locos 2021 und dem Pies Negros 2021. Die Namen allein lassen schon aufhorchen. „Locos“ (die Verrückten) und „schwarze Füße“ – klingt wie eine Party, bei der man besser die Schuhe anbehält.

Zum Essen, der Coto de Imaz Reserva 2019. Endlich, etwas, das man neben dem Käse platzieren kann, ohne dass es beschwert, dass es in schlechter Gesellschaft ist.

Nachdem wir den Coto de Imaz Reserva 2019 mit einer Ehrerbietung verspeist haben, die einem Staatsdinner würdig wäre, bereiten wir uns vor, als würden wir einen Weinkeller ohne Taschenlampe erkunden. Die Flaschen, die nun folgen, haben Namen, die klingen, als wären sie direkt aus einem Roman von García Márquez entlehnt. Nur um sicherzustellen, dass niemand nüchtern nach Hause geht, der El Pedal Maturana, Ad Libitum Maturana, die beiden Lindes de Remelluri, Altanza Familia, Artadi Viñas de Gain und natürlich der Viña Arana Gran Reserva. Eine Parade von Weinen, die so lang ist, dass man fast einen Marschall bräuchte, um sie zu dirigieren.

Der El Pedal Maturana Ed. Limitada 2020 tritt auf, und alle Augen sind auf ihn gerichtet, als wäre er der Hauptdarsteller auf der Bühne. Ein „100% Maturana Tinta“ – klingt fast wie ein geheimer Zauberspruch. Ein Schluck, und man könnte schwören, dass man tanzen kann, auch ohne Musik.

Dann, als ob wir noch nicht genug exotische Namen gehört hätten, präsentiert sich der Ad Libitum Maturana Tinta 2020. Noch ein Maturana Tinta, weil man offensichtlich nicht genug davon bekommen kann. Wie Zwillinge bei einer Familienfeier, ähnlich, aber mit genug Unterschieden, um interessante Gespräche zu führen.

Und dann die Lindes de Remelluri – zweimal, um sicherzugehen, dass wir auch wirklich aufmerksam sind. Einmal aus San Vicente und einmal aus Labastida. Zwei Weine, die sich so ähnlich sind wie Sherlock und Watson – perfekte „partners in crime, äh wine“.

Altanza Familia 2017, reiner Tempranillo, tritt in den Ring. Er ist wie der Onkel, den jeder gerne hat: robust, zuverlässig und mit genügend Geschichten, um einen ganzen Abend zu füllen. Ein Wein, der keine Unterstützung benötigt und stolz alleine steht.

Artadi Viñas de Gain 2020 folgt, ein weiterer reiner Tempranillo, aber mit einem Charakter, der sagt: „Ich bin nicht wie die anderen.“ Ein Wein, der sich in seiner Individualität sonnt, fast als wollte er ein Ein-Mann-Stück auf Broadway spielen.

Zum großen Finale, der Viña Arana Gran Reserva 2016. Ein Wein, so majestätisch, dass man fast eine Nationalhymne spielen möchte, wenn er den Raum betritt. Ein Tempranillo, der nicht nur den Gaumen, sondern auch die Seele berührt. Er ist wie der krönende Abschluss eines Feuerwerks, das Licht im Dunkeln, das man am Ende einer großartigen Reise erhofft.

Nach diesem Marathon von Weinen, jeder mit seiner eigenen Persönlichkeit und Geschichte, fühlt man sich nicht nur trunken vor Glück (und vielleicht auch ein bisschen Wein), sondern auch erfüllt von der tiefen Weisheit, die nur eine solche Sammlung von Weinen vermitteln kann. Am Ende des Abends sind wir alle ein bisschen weiser – oder zumindest glauben wir das. Und wenn wir nicht unter dem Tisch liegen, dann nur, weil wir die wahre Kunst des Weintrinkens gemeistert haben: das Balancieren von Glas und Würde.

Ich danke im Namen aller TeilnehmerInnen den beiden Protagonisten, Dr. Hilgard und Prof. Dr. Puhle, für die Gestaltung des äußerst vergnüglichen Abends. Und vielen Dank auch dem Team des Parkhotel Oberursel!

Klaus Rössler, Präsident

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Peter Hilgard

    Hallo lieber Klaus,
    Vor vielen Jahren habe ich im Bayreuther Jean-Paul-Museum einen Spruch dieses großen Dichters gelesen: „Der Wein wirkt stärkend auf den Geisteszustand, den er vorfindet: Er macht die Dummen dümmer, die Klugen klüger.“ Deine klugen und poetischen Worte zu der Rioja-Probe am 21. Februar 2024 bestätigen Jean Paul auf das Eindrücklichste!
    Herzliche Grüße!
    Peter

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