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Collegium Vini

Bericht des Präsidenten über das Vereinsjahr 2018

Der Nebel steigt, es fällt das Laub; schenk ein den Wein, den holden! Wir wollen uns den grauen Tag vergolden, ja vergolden!“
(Theodor Storm, Oktoberlied)

Liebe Collegiatinnen und Collegiaten,

der große norddeutsche Lyriker und Novellist lässt Herbststimmung lebendig werden. Sie mag auch für unseren heutigen Winter stehen, der sich eher wie ein dauernder Herbst anfühlt. Auch in diesem Jahr bleibt die weiße Weihnacht wohl ein Traum.

Was mag der Dichter im Glase gehabt haben? Das „Vergolden“ deutet auf einen gereiften Rieslingwein. Dieser dürfte auch der winterlichen Gemütslage vieler Collegiaten entsprechen. Ein 1992er Rüdesheimer Berg Rottland Spätlese und eine 1999er Wehlener Sonnenuhr Auslese haben in diesen Tagen mein Wohlbefinden gesteigert.

Das zu Ende gehende Jahr hat den Collegiaten wiederum erinnernswerte Weinerlebnisse beschert:

Den Auftakt bildete im Februar die Probe: „Historische Rebsorten“. Baron Knyphausen und Hubert Konrad (Hochschule Geisenheim) boten ein Seminar mit ebenso hohem Lernwert wie Genussfaktor. Vier Rote Rieslinge waren zu vergleichen. Drei Weine aus gemischtem Satz konnten sensorisch überzeugen. Als derber Geselle erwies sich ein Heunisch, leichter zugänglich ein Orleans und die vergessenen Rebsorten Räuschling, Blauer Affenthaler und Blauer Elbling. Tauberschwarz und Muskat-Trollinger hatten die Collegiaten schon früher bei Jahrgangsproben als hochwertige Rebsorten kennengelernt.

Anlässlich der Mitgliederversammlung im April standen „Mediterrane Weine – Perlen der europäischen Weinkultur“ auf dem Programm. Eine Entdeckung waren die Weißweine aus den Rebsorten Vermentino, Garnacha Blanca und Macabeu: mit ihrem eigenständigen Geschmacksprofil (mineralisch, eher vegetabil als fruchtig, weniger säurebetont) sind sie eine willkommene Alternative zu unseren deutschen weißen Rebsorten, zumal als Begleiter mediterraner Küche. Die Rotweine aus Südfrankreich, Italien und Spanien zeigten sich erwartungsgemäß als körperreich, würzig und komplex, zugleich aber durch stimmige Säure und Holzeinsatz nicht überladen und marmeladig. Die Charakteristik der Rebsorten (u.a. Grenache, Negro Amaro, Monastrell, Cannonau) und der klassischen Cuvees (Syrah, Grenache, Mourvedre) war bei allen schön herausgearbeitet.

Ziel der ersten Studienfahrt war die Mittelhardt. Nikolaus Werlé stellte uns auf einer Lagenwanderung feine Rieslinge aus Deidesheim und Forst vor, deren Preis-Leistungsverhältnis seinesgleichen sucht. Der steile Anstieg zur Mittagsrast in der Waldweinstube stellte bei strahlender Sonne erhebliche Anforderungen an die Ausdauer. Mit Bassermann-Jordan besuchten wir anschließend ein Glanzstück deutscher Rieslingkultur. Unvergessen ist der 1900er Forster Jesuitengarten beim 50jährigen Jubiläum des Collegiums. Günther Hauck, Geschäftsführer des Hauses, war schon damals dabei. Er präsentierte Rieslinge vom Ortswein bis zur Großen Lage (2015 Deidesheimer Hohenmorgen, 2013 Forster Ungeheuer), eine hinreißende 2017er Goldmuskateller Auslese und einen bemerkenswerten Amphorenwein aus Cabernet-Sauvignon. Ein Saumagen in der Gutsweinstube Spindler schloss die Fahrt ab.

Zur Ahr, dem kleinen aber feinen Rotwein-Anbaugebiet reiste das Collegium im August, unter dem Motto: der burgundischen Finesse auf der Spur. Resumée der Fahrt könnte sein, dass die Ahr- Spätburgunder es mit ihren großen Verwandten aus Burgund qualitativ aufnehmen können, lässt man dortige Prestigeweine zu drei- bis vierstelligen Preisen außer Acht. Schieferböden versus Kalkböden machen vor allem den geschmacklichen Unterschied zwischen beiden aus.

Paul Schumacher (Marienthal) stellte neben einem Mittelrhein-Riesling Spätburgunder aus 2015 und 2016 vor, deren bereits ahnbare Klasse sich erst nach einigen Jahren Flaschenreife zeigen wird. Sodann ging das Collegium auf Zeitreise in die 80er Jahre: in den Atombunker der Bundesregierung. Die Bunkeratmosphäre und der Gedanke an den Ernstfall konnte die Teilnehmer ins Gruseln bringen.

Julia Bertram aus Dernau bot eine überzeugende Probe von Spätburgundern. Die junge, energiegeladene Winzerin strebt feste, mineralische und elegante Pinot Noirs an durch Feinsteuerung des Lesezeitpunktes und wohl bedachten Holzeinsatz. Burgundische Finesse erreicht, befanden die Collegiaten.

Im schönen Ambiente des Klosters Marienthal fand die Fahrt ihren Abschluss bei einem Essen mit Weinen des Weingutes Meyer-Näkel. Werner Näkel ist Pionier für hochwertige Rotweine an der Ahr. Noch bis in die 90er Jahre hatte die Ahr den Ruf als Ausflugsziel für westdeutsche Kegelclubs, mit den dazu passenden dünnen und süßen Weinen. Werner Näkel stellte und stellt bis heute das hohe Qualitätspotential der Ahr unter Beweis, seine Großen Gewächse (Neuenahrer Sonnenberg, Ahrweiler Silberberg) zählen zu den am höchsten bewerteten Rotweinen Deutschlands. Ein burgundisches Weinerlebnis am Ende einer gelungenen Studienfahrt.

Die beiden Vorstellungsproben darf man als Qualitätsprodukt unserer Vereinsarbeit bezeichnen. Die Gebietsbeauftragten strengen sich an, die besten Weine der jeweiligen Qualitätsstufen aus ihrem Anbaugebiet vorzustellen. Dies ist ihnen bei dem für die Winzer schwierigen Jahrgang 2017 wiederum gelungen. Früher Austrieb, durch Nachtfrost im April dezimierter Ertrag, durch trockenen Sommer frühe Reife und ein nasser, kalter Herbst stellten die Winzer vor große Herausforderungen. Vielen gelang es, durch frühzeitige oder späte (nach dem Regen) Lese schlanke, spannungsreiche Weine mit feiner Säure auszubauen. Selektion ist Trumpf, hieß das Motto. Namentlich an der Mosel und in der Pfalz entstanden so exzellente Rieslinge, überwiegend auch an der Nahe, am Mittelrhein, in Rheinhessen und im Rheingau. Ein sächsischer Solitär: Riesling S von Stefan Bönsch aus Langenbrück bei Radebeul. Franken verzeichnet einen guten Silvanerjahrgang (Sulzfelder Alte Reben/Luckert; Würzburger Stein Erste Lage/Juliusspital). Vom Bodensee wurden gelungene Weiße aus Burgunderreben angestellt (Auxerrois J/Aufricht; Goldbach Chardonnay/Kress, Überlingen). Auch die vorgestellten Rotweine aus 2016 überzeugten (Untertürkheimer Gips/Aldinger; Lemberger „der Rote Löwe“/Graf Adelmann). (Anmerkung: mangels Teilnahme habe ich keine Probennotizen von der ersten Probe).

Höhepunkt des gastrosophischen Jahresausklangs in der Domäne Mechtildshausen in Wiesbaden-Erbenheim war ein kultureller Programmpunkt: DER Frankfurter Volksschauspieler Michael Quast trug in seiner unnachahmlichen Weise Szenen aus dem Faust, Gedichte von Friedrich Stoltze und andere weinliterarische Schmankerl von Rhein und Main vor. Der Abend stand im Zeichen des Rheingaus. Sorgfältig ausgewählte Rheingauer Weine waren auf das Menü abgestimmt. Die Domäne als gemeinnütziger Betrieb bildet in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb und der Gastronomie Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen aus. Die Freundlichkeit und das Engagement der Mitarbeiter an diesem Abend waren auffallend. So verlief unser voll ausgebuchter Jahresausklang in sehr guter Stimmung.

Da ich diesen Bericht schreibe, wird mir wieder einmal bewusst, welch qualitätsvolles Programm unser Collegium Jahr für Jahr realisiert. Dafür möchte ich im Namen unserer Mitglieder allen Aktiven unserer Gesellschaft herzlich danken, allen voran Frau Machau, die in unserem Verein die Fäden in der Hand hält.

Unseren Mitgliedern danke ich für die beeindruckend zahlreiche Teilnahme an den Veranstaltungen, die alle aktiv Mitwirkenden stark motiviert. Fahren Sie auch bitte fort mit Ihrer Mitgliederwerbung durch Mitbringen von Gästen!

Für das Jahr 2019 haben wir uns ein großes Projekt vorgenommen: die Studienreise nach Georgien. Die anfängliche Resonanz ist bereits ermutigend. Wir sind zuversichtlich, die ausreichende Anzahl Teilnehmer zusammen zu bekommen. Auch ein abwechslungsreiches Programm an Weinproben wartet auf Sie.

Für die Festtage und den Jahreswechsel übermittle ich Ihnen meine besten Wünsche und freue mich auf ein Wiedersehen im Jahr 2019!

Herzliche Grüße

Ihr

Dr. Klaus Schubäus

P.S.: Bitte überweisen Sie Ihren Mitgliedsbeitrag für 2019 (155,00 €) auf das Konto des Collegium Vini Nr. 988990462 bei der Postbank Dortmund, BLZ 440 100 46.
IBAN: DE96 4401 0046 0988 9904 62
BIC: PBNKDEFF

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