Jahresbericht 2014 des Präsidenten

„Wenn munt´re Reden sie begleiten, dann fließt die Arbeit hurtig fort.“

Liebe Collegiatinnen und Collegiaten,

mit diesem Spruch Schillers beschreibt ein fränkischer Winzer die Weinlese 2014, die den Winzern und ihren Lesehelfern alles abverlangte. Fast 300 Liter pro qm Regen von Juli bis September ließen Schädlinge gedeihen und Trauben faulen, so dass innerhalb weniger Tage gelesen werden musste. Wobei „Lesen“ wörtlich zu nehmen ist: nur durch strenge Selektion konnte reines Traubenmaterial gewonnen werden. So reift nach 2013 wiederum ein mengenmäßig kleiner Jahrgang heran, der aber wie sein Vorgänger gute Qualitäten verspricht. Wir Weintrinker werden daran erinnert, dass der Wein kein Industrieprodukt mit gleichbleibenden Eigenschaften ist (dann bräuchten wir ihn auch nicht zu trinken), sondern eine Gabe der Natur und damit deren Launen unterworfen. Die Verschiedenheit der Jahrgänge macht aber für uns gerade den Reiz der Weinverkostung aus. Jedes Jahr aufs Neue sind wir gespannt darauf, was wir bei unseren Proben aus deutschen und internationalen Anbaugebieten im Glas haben.

Unsere erste Probe im Februar war den internationalen „Leitreben“ Chardonnay und Cabernet Sauvignon gewidmet. Bis auf Asien waren Weine von allen Kontinenten vertreten. Die Vielfalt der Weinstile und aromatischen Profile widerlegte das den beiden Rebsorten anhaftende Vorurteil der Konformität. Bei den Chardonnays ging die Spannbreite vom frischebetonten steirischen Morillon (Walter Skoff) über komplexe, füllige, aber nicht überladene Chardonnays (Sundial/ Fetzer, Kalifornien; Hainfelder Letten, Bernard Koch, Pfalz) bis zum mineralischen, strengen, noch verschlossenen Meursault Les Grands Charrons 2011 von M. Bouzereau. Bei den Cabernets überraschte die gute Qualität der preiswerten Exemplare (z.B. Piedra Negra, Mendoza, Argentinien; Alles Verloren, Swartland, Südafrika). In der Spitze gefielen vor allem einige Rariäten: Judean Hills von Tzora Winery, Israel; Clau de Nell, Anne Claude Leflaive, Loire; Trilogia, C. Kokkalis, Peleppones).
Die Festliche Weinprobe im April : Die Avantgarde der deutschen Winzer -Slow Wine und seine Erzeuger im Porträt- wurde von Kai Wagner und Prof. Ulrich Steger, Autoren des gleichnamigen (lesenswerten!) Buches gestaltet. Ihre Weinauswahl war auf hohem Niveau. Dafür standen Winzer wie Knipser, Luckert, Schnaitmann, van Volxem u.a.m, die man vielleicht weniger einer Avantgarde zuordnen würde als der Elite deutscher Weinerzeuger. Aber auch uns weniger bekannte Namen wie Heußler (Roth, Pfalz), Weiser-Künstler (Enkirch, Mosel) und Eulenturm (Briedel, Mosel) waren mit hervorragenden Qualitäten vertreten. Die lebhafte Diskussion über das Slow Wine-Konzept ergab, dass es jenseits dieses Begriffs, der an den von Slow Food angelehnt ist, auf das zielt, was traditionelles Anliegen des Collegium Vini ist: nachhaltiger Weinbau im Einklang mit der Natur, Rebsorten- und Lagentypizität, Verzicht auf „schönende“ Kellertechnik. So war es für die Collegiaten eine positive Erfahrung, in der Slow Wine-Bewegung Gleichgesinnte zu finden.

Die Studienfahrt im Juni führte uns in das Rheinhessische Hügelland, eines der stark aufstrebenden deutschen Anbaugebiete. Seine Winzer beschreiten den Weg der Frische und Feinheit, wobei der Muschelkalkboden eine an Burgund orientierte Stilistik begünstigt, besonders bei den weißen und roten Burgunderreben. Am Beginn der Fahrt stand eine kulturelle Einstimmung: eine Führung durch die Sonderausstellung anlässlich des 1200sten Todestages Karls des Großen im Museum bei der Kaiserpfalz in Ingelheim. Mit Jürgen Hofmann in Appenheim besuchten wir dann einen inzwischen prominenten Vertreter der jungen rheinhessischen Winzergeneration. Sehenswert ist seine Vinothek in moderner Bauhausarchitektur im Weinberg. Herr und Frau Hofmann empfingen uns als sehr freundliche Gastgeber und stellten uns eine Kollektion qualitätsvoller Weine vor. Namentlich der Silvaner und der Riesling „Hundertmorgen“ können zur Gebietsspitze gezählt werden. Ausklang der gelungenen Fahrt war ein Abendessen im Landgasthof Engel in Schwabenheim. Die gehobene Regionalküche gefiel ebenso wie die Weine aus eigenem Weingut.
Nächster Berichtspunkt ist leider eine Fehlanzeige. Die vom Ehepaar Weiß und Goldmann Studienreisen hervorragend konzipierte Südafrika-Reise musste wegen zu geringer Teilnehmerzahl ausfallen, nachdem die Anregung dazu aus dem Mitgliederkreis kam und zunächst positive Resonanz zu vernehmen war.

So begegneten sich die Collegiaten im Herbst bei unseren zwei traditionellen Jahrgangsproben wieder. Es gelang den Gebietsbeauftragten, aus einem nicht einfachen Jahrgang 2013 ansprechende Weißweine und aus 2011 und 2012 hochwertige Rotweine vorzustellen, Weine bekannter wie unbekannter Erzeuger, und alle durch ein gutes Preis- Leistungsverhältnis gekennzeichnet. Die auf der Webseite des Collegium Vini veröffentlichten Probenlisten sind ein Einkaufsführer für Mitglieder und Weintrinker außerhalb des Vereins.
Einen stilvollen Jahresausklang bildete der Abend „Sekt perlt, Wein beschwingt“ in der Villa G.H. Mumm in Eltville. Die Rotkäppchen Mumm Sektkellerei GmbH gestaltete für uns diesen Abend in der festlich dekorierten Villa mit einem Sektempfang und einem durch Klaviermusik untermalten Menü des Hotels Kronenschlößchen. Den dazu gereichten Sekten von Rotkäppchen, Mumm und Geldermann wurden jeweils ausgewählte Weine der Anbaugebiete Saale- Unstrut, Baden und Rheingau gegenübergestellt. Die kenntnisreiche Moderation der Weine regte ein lebhaftes Weingespräch, ganz in der Tradition des Collegium Vini, an. Mit über 70 Teilnehmern war dieser Abend ein großer Erfolg, für den unseren Gastgebern besonderer Dank gilt.
Freuen wir uns also im Rückblick über ein gelungenes Veranstaltungsjahr 2014 und im Ausblick auf ein hoffentlich ebenso schönes Veranstaltungsjahr 2015 im Collegium Vini.

Das Jahresprogramm finden Sie als Anhang zu diesem Schreiben. Diesmal sind Sie, unsere Mitglieder, aufgerufen, die Festliche Weinprobe im April mitzugestalten. Stellen Sie Ihren Lieblingswein auf der Probe an. Das Organisatorische finden Sie als Anhang zu diesem Rundschreiben und auf unserer Webseite, die im Übrigen immer besser wird und auf fleißige Leser und Autoren aus dem Mitgliederkreis wartet.

In der Anwerbung neuer Mitglieder spüren wir eine Belebung. Es zeigt sich, dass die persönliche Ansprache von Weininteressierten durch die Collegiaten der erfolgreichste Weg ist. Hier bittet Sie der Vorstand um weitere Unterstützung. Ermutigend ist die deutlich gestiegene Teilnehmerzahl bei unseren Proben. Offenbar hat das Collegium Vini auch in der heutigen schnelllebigen Zeit noch ein attraktives Angebot: Slow Wine als kundiger Weingenuss. Unsere Leistungen wollen wir im neuen Jahr mit einer überarbeiteten Kurzbroschüre stärker an den „Markt“ bringen und auch ansonsten die Außenkommunikation verstärken.

Für das neue Jahr wünsche ich Ihnen Gesundheit, Lebensfreude und viele schöne Weinerlebnisse

Ihr

Dr. Klaus Schubäus

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