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Präsident Klaus Rössler, Dr. Elmar Schulte, Reinhard Hägemann Mythos Bordeaux am 20.3.24 Foto Jutta Fleschutz

Ein Weinkenner kann die Bordeaux-Klassifikation von 1855 erklären

Bevor wir zur Aufnahmeprüfung ins Collegium Vini kommen – die Weinprobe „Magie und Mythos Bordeaux“ war magisch, mythisch und sensationell. Auch an dieser Stelle herzlichen Dank an die beiden Mitglieder des Collegium Vini, ohne die diese Probe nicht möglich gewesen wäre. Zunächst großen Dank für die großzügige Spende von Dr. Elmar Schulte (gerne zur Nachahmung empfohlen), ohne diese Spende hätten wir eine wesentlich höhere Teilnahmegebühr erheben müssen. Und zum zweiten herzlichen Dank an Reinhard Hägemann, der mit großem Engagement und Fachwissen diese Probe moderierte. Jeden Wein hat er persönlich vor der Probe zweimal dekantiert!

Mythos Bordeaux - Urkundenübergabe an Reinhard Hägemann für die hervorragend gestaltete Weinprobe Foto: Conny Gärtner
Mythos Bordeaux – Urkundenübergabe an Reinhard Hägemann für die hervorragend gestaltete Weinprobe Foto: Conny Gärtner

Die Urkunde sagt folgendes aus:

Es gibt mehr Dinge zwischen Reagenzglas und Weinglas, als Eure Schulweisheit sich träumen lässt …
Lieber Reinhard,
wer hätte gedacht, dass ein Chemielehrer uns eines der erhellendsten Weinabenteuer bescheren würde? Du hast es getan, und wie! Du hast uns nicht nur beigebracht, was ein guter Bordeaux ist, sondern auch, warum wir uns dabei fühlen, als würden wir direkt im Weinfass liegen.
Du hast uns in bester Manier des Collegium Vini gezeigt, dass die Liebe zum Wein eine Einladung zum Genießen, Lachen und Lernen ist. Wer hätte gedacht, dass Bordeaux und Chemie so viel gemeinsam haben? Beide sind komplex, faszinierend und, wenn richtig verstanden, Katalysatoren großen Vergnügens.
Also lasst uns unsere Gläser heben und auf Reinhard anstoßen, unseren charismatischen Chemielehrer und Bordeaux-Botschafter, der uns bewiesen hat, dass gute Weine und gute Witze die besten chemischen Reaktionen hervorrufen.
Prost und ein Hoch auf viele weitere gemeinsame Degustationen! Auf dich und deine unkonventionelle Art, uns die Chemie der Trauben näherzubringen!

Reinhard Hägemann hatte noch einen Anlagetipp für uns: Bei Bordeaux kleine Weine großer Jahrgänge kaufen! Ich bin jedenfalls der Meinung, wir hatten großen Genuss.
Folgende Jahrgänge gelten wohl als „groß“:
2000: Feierlich als Millenniumsjahrgang begrüßt, erfüllte hohe Erwartungen mit seiner Qualität. Die Weine sind ausgewogen und strukturiert, mit einem großen Alterungspotenzial.
2005: Wird oft mit den besten Jahrgängen des 20. Jahrhunderts verglichen, zeichnet sich durch außergewöhnliche Balance, Tiefe und Langlebigkeit aus.
2009: Ein herausragender Jahrgang mit vielen Weinen von perfekter Reife und Struktur, die zugleich früh zugänglich waren und ein großes Reifepotenzial bieten.
2010: Ähnlich herausragend wie 2009, mit vielen kraftvollen, strukturierten Weinen, die für ihre Eleganz und Komplexität bekannt sind.
2015: Ein sehr guter Jahrgang, besonders für die rechten Ufer-Appellationen wie Pomerol und Saint-Émilion, der fruchtbetonte, ausgewogene Weine hervorbrachte.
2016: Erneut ein exzellenter Jahrgang, der für seine Eleganz, Struktur und das Potenzial zur Langzeitlagerung bekannt ist.

Nach dem Jahrgang 2016 haben sich einige weitere Jahrgänge in Bordeaux als besonders bemerkenswert herausgestellt, obwohl es wichtig ist zu beachten, dass die Einschätzungen noch relativ frisch sind und sich mit der Zeit weiter entwickeln können:
2018: Trotz einiger Herausforderungen durch das Wetter, darunter ein feuchter Frühling, folgte ein außergewöhnlich warmer und trockener Sommer, der zu sehr konzentrierten und kraftvollen Weinen führte. Viele Kritiker loben die Weine des Jahrgangs 2018 für ihre Intensität und Struktur, insbesondere aus dem linken Ufer.
2019: Dieser Jahrgang wird für seine hervorragende Qualität und Konsistenz über verschiedene Appellationen hinweg gefeiert. Die Weine zeigen eine hervorragende Balance zwischen Reife, Säure und Tanninstruktur, was ihnen ein gutes Alterungspotenzial verleiht.
2020: Obwohl noch relativ jung und in einigen Fällen noch nicht freigegeben, wird der Jahrgang 2020 für seine potenzielle Qualität hoch eingeschätzt. Die ersten Berichte deuten auf einen weiteren starken Jahrgang hin, mit einem guten Gleichgewicht aus Frucht, Säure und Tanninen, trotz der Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie.

Diese jüngeren Jahrgänge müssen noch einige Jahre reifen, um ihr volles Potenzial zu entfalten, und es wird spannend sein zu beobachten, wie sie sich entwickeln. Sammler und Weinliebhaber halten diese Jahrgänge oft für vielversprechende Investitionen und Genusserlebnisse für die Zukunft.

Meine persönlichen Highlights begannen schon beim zweiten Wein unserer Probe, dem Château Rahoul 2020. Typisch für die Region Graves, am linken Ufer der Gironde, zeigt dieser Weißwein ein ausgewogenes Verhältnis von Semillon und Sauvignon Blanc. Die Frische und Säure des Sauvignon Blanc und die Aromen von Limetten und Pfirsichen haben mich hin und weg gerissen.

Im weiteren Verlauf kamen wir mit dem Château Lagrange 2004 und dem Château Leoville-Barton 1996 zu Weinen der Bordeaux-Klassifikation von Deuxième und Troisième Cru.

Da waren noch mehr klassifizierte Gewächse in den Gläsern der Collegiaten als Leoville Barton und Lagrange. Duhart Milon ist ein Quatrième Cru, Belgrave und Batailley Cinquième Crus. Auch wenn die Klassifikation von 1855 noch große Bedeutung hat, so wird kein Kenner behaupten wollen, die Abstufungen seien heute noch genauso zuzuordnen. So manch 5-Klässler hat mittlerweile ein höheres Niveau erlangt als im Jahre 1855 zugeteilt. Im Kreise der 71 als Grand Crus Classés klassifizierten Gewächse des Saint Émilion befinden sich ebenso Berliquet und Clos de l‘Oratoire. Nur 14 Premier Grand Crus Classés stehen darüber.

Ergänzung durch Reinhard Hägemann

Unser Gast Daniel Schrod hatte sich während dieser Probe spontan entschlossen, Mitglied zu werden. Statt eines formellen Mitgliedsantrags stellte ich ihn auf die Probe mit der Frage nach der Erläuterung der Bordeaux-Klassifikation von 1855. Reinhard Hägemann meinte, ein guter Weinhändler müsse das wissen – also dachte ich, ein Kenner wie Daniel Schrod weiß das auch.

Mythos Bordeaux am 20.3.24 Daniel Schrod erläutert die Bordeaux-Klassifikation von 1855 Foto Conny Gärtner
Mythos Bordeaux am 20.3.24 Daniel Schrod erläutert die Bordeaux-Klassifikation von 1855 Foto Conny Gärtner

Aufnahmeprüfung bestanden! Herzlich willkommen im Collegium Vini, lieber Daniel.
Hier en detail die Bordeaux-Klassifikation von 1855. Weine der fettgedruckten Weingüter haben wir verkostet.

Die Klassifikation von 1855 in Bordeaux ist ein historisches Ranking von Weinen aus der Region Bordeaux, das auf Anfrage von Napoleon III. für die Weltausstellung in Paris im Jahr 1855 erstellt wurde. Die Klassifikation umfasste ursprünglich 61 der bedeutendsten Weingüter aus dem Médoc sowie ein Weingut aus Graves, Château Haut-Brion. Die Weine wurden in fünf Kategorien (Premiers Crus bis Cinquièmes Crus) eingeteilt, basierend auf den Preisen, die sie zu der Zeit erzielten, was als Indikator für ihre Qualität angesehen wurde.

Die Premier Cru-Kategorie umfasst die renommiertesten Weingüter wie Château Lafite Rothschild, Château Latour, Château Margaux und Haut-Brion. Später wurde auch Château Mouton Rothschild in die Liste der Premier Cru aufgenommen. Die Klassifikation hat sich seit ihrer Erstellung weitgehend unverändert erhalten und dient bis heute als wichtiger Orientierungspunkt für die Qualität und das Prestige der Weine aus dieser Region.

Die Klassifikation bezog sich ursprünglich nur auf Rotweine, mit Ausnahme von Château Haut-Brion. Die süßen Weißweine von Sauternes und Barsac wurden ebenfalls klassifiziert, wobei die Spitzenweine in die Kategorien Premier Cru Supérieur, Premier Cru und Deuxième Cru eingeteilt wurden, wobei Château d’Yquem als einziger Premier Cru Supérieur eingestuft wurde.

Diese Klassifikation ist spezifisch für Bordeaux und sollte nicht mit anderen Klassifikationssystemen verwechselt werden, die in anderen Weinregionen Frankreichs oder weltweit verwendet werden. Trotz Kritik und einigen Kontroversen über die Jahre, bleibt die Klassifikation von 1855 ein zentrales Element im Verständnis der Weingeschichte und -qualität von Bordeaux.

Zweite Crus (Deuxièmes Crus):
Château Rauzan-Ségla (auch Rausan-Ségla)
Château Rauzan-Gassies
Château Léoville-Barton (s. Château Léoville-Barton 1996 unserer Weinprobe)
Château Léoville-Las Cases
Château Léoville-Poyferré
Château Durfort-Vivens
Château Gruaud-Larose
Château Lascombes
Château Brane-Cantenac
Château Pichon Longueville Baron (oft als Pichon Baron bezeichnet)
Château Pichon Longueville Comtesse de Lalande (oft als Pichon Lalande bezeichnet)
Château Ducru-Beaucaillou
Château Cos d’Estournel
Château Montrose

Dritte Crus (Troisièmes Crus):
Château Kirwan
Château d’Issan
Château Lagrange (s. Château Lagrange 2004 unserer Probe)
Château Langoa-Barton
Château Giscours
Château Malescot St. Exupéry
Château Cantenac-Brown
Château Boyd-Cantenac
Château Palmer
Château La Lagune
Château Desmirail
Château Calon-Ségur
Château Ferrière
Château Marquis d’Alesme Becker

Vierte Crus (Quatrièmes Crus):
Château Saint-Pierre
Château Talbot
Château Branaire-Ducru
Château Duhart-Milon
Château Pouget
Château La Tour Carnet
Château Lafon-Rochet
Château Beychevelle
Château Prieuré-Lichine
Château Marquis de Terme

Fünfte Crus (Cinquièmes Crus):
Château Pontet-Canet
Château Batailley
Château Haut-Batailley
Château Grand-Puy-Lacoste
Château Grand-Puy-Ducasse
Château Lynch-Bages
Château Lynch-Moussas
Château Dauzac
Château d’Armailhac
Château du Tertre
Château Haut-Bages Libéral
Château Pédesclaux
Château Belgrave
Château de Camensac
Château Cos Labory
Château Clerc Milon
Château Croizet-Bages
Château Cantemerle (hinzugefügt im Jahr 1856)

Diese Weingüter bilden zusammen die Struktur der 1855er Klassifikation für Rotweine aus dem Médoc, die bis heute weitgehend unverändert geblieben ist.

Mythos Bordeaux am 20.3.24 Foto Klaus Rössler
Mythos Bordeaux am 20.3.24 Foto Klaus Rössler
Mythos Bordeaux am 20.3.24 Foto Conny Gärtner
Mythos Bordeaux am 20.3.24 Foto Conny Gärtner
Mythos Bordeaux am 20.3.24 Foto Klaus Rössler
Mythos Bordeaux am 20.3.24 Foto Klaus Rössler

Den Leoville -Barton 1996 hatte Reinhard Hägemann aus seinem eigenen Weinkeller mitgebracht. Ich hatte das Glück, ihm eine Flasche abzuschwatzen. Ein herausragender Saint-Julien, bekannt für seine Konsistenz und Qualität. Dieser Wein, ebenfalls von der linken Seite der Gironde, zeigt eine exzellente Alterung mit Aromen von gereiften roten Früchten und einer subtilen Holznote. Die Balance zwischen der Kraft des Cabernet Sauvignon und der Finesse des Terroirs ist beispielhaft. Ein Wein, der zu besonderen Anlässen oder als Höhepunkt eines feinen Essens genossen werden sollte – das ist jedenfalls mein Plan.

Den Abschluß bildete ein exquisiter Sauternes, der Château Raymond-Lafon 2014, mit opulenter Süße, perfekt ausbalanciert mit frischer Säure und komplexer Aromatik von Honig und Aprikose.

Mythos Bordeaux im Collegium Vini am 20.3.2024
Mythos Bordeaux im Collegium Vini am 20.3.2024

Lieber Reinhard Hägemann, mit großer Bewunderung und Dankbarkeit möchten wir Dir unsere Anerkennung für die außergewöhnlich kuratierte Bordeaux-Weinprobe aussprechen. Dein tiefgründiges Wissen und Deine Leidenschaft für die Welt des Bordeaux-Weins haben dieses Erlebnis zu einem unvergesslichen Ereignis gemacht.

Wenn Sie mögen, hier ist noch ein Quiz:

    Hier Ihre Fragen:

    Welche Art von Tipp gab Reinhard Hägemann den Teilnehmern bezüglich des Kaufs von Bordeaux-Weinen?

    Welche Rebsorten waren im Château Rahoul 2020 dominant?

    In welchem Jahr wurde die Bordeaux-Klassifikation von 1855 erstellt?

    Welcher Weinjahrgang wurde als "Millenniumsjahrgang" bezeichnet und erfüllte hohe Erwartungen?

    Für welche besondere Eigenschaft ist der Jahrgang 2005 in Bordeaux bekannt?

    Welche beiden Weingüter, deren Weine während der Probe verkostet wurden, sind Teil der Bordeaux-Klassifikation von 1855?

    Welche Botschaft vermittelt die Urkunde, die an Reinhard Hägemann übergeben wurde?

    Welches Weingut aus Graves war Teil der ursprünglichen Klassifikation von 1855?

    Welcher Jahrgang wird für seine hervorragende Balance und Konsistenz über verschiedene Appellationen hinweg gelobt?

    Welcher Wein wurde als Abschluss der Weinprobe serviert und ist bekannt für seine opulente Süße?

    Die Lösung erhalten Sie per Email:

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    Mythos Bordeaux am 20.3.24 Foto Jutta Fleschutz
    Mythos Bordeaux am 20.3.24 Foto Jutta Fleschutz

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