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Collegium Vini

Jahresbericht 2017 des Präsidenten

Frankfurt, im Januar 2018

Jahresbericht 2017 des Präsidenten

Liebe Collegiatinnen und Collegiaten,

zum Ende des Reformationsjahres sei Martin Luther zitiert mit seiner Auslegung von Psalm 101:
„Es muß ein jeglich Land seinen eignen Teufel haben….unser deutscher Teufel wird ein guter Weinschlauch sein und muß Sauf heißen, daß er so dürstig und hellig ist, der mit so großem Saufen Weins und Biers nicht kann gekühlet werden. Und wird solch ewger Durst Deutschlands Plage bleiben bis an den jüngsten Tag…“
Mitnichten war aber Luther dem Wein abhold: „Der Wein ist gesegnet und hat das Zeugnis in der Schrift…“ . 1543 ließ ihm der Kurfürst von Sachsen ein Fass Süptitzer aus Gorrenberg nahe Wittenberg zukommen, dessen bescheidene Qualität er so entschuldigte: „.., so gut uns der almechtige denselben diß Jahr bescheret hat.“
Klimaerwärmung und Können der Winzer lassen heute auch im nördlichsten Anbaugebiet Saale-Unstrut – nahe Luthers Heimat – gute Weine entstehen, wie in allen deutschen Anbaugebieten. Gute Weine aufzuspüren, sie im Kreise von Weinfreunden mit Bedacht zu genießen und zu diskutieren, das bringt uns im Collegium Vini zusammen.
Jedes Jahr lenken wir dabei unseren Blick auch über die Grenzen hinaus. „Weniger bekanntes Weinland Spanien“ hieß unser erstes Thema im Jahr 2017. Schöne Entdeckungen waren Weißweine aus den Rebsorten Verdejo, Godello und Albarino. Diese Gewächse aus Rueda und den Rias Baixas zeichnete Spannung und Harmonie von Säure, Gerbstoff, Mineralik und Frucht aus, sicher auch das Ergebnis maßvoller Alkoholwerte (Beispiele: Naiades 2012, Zarate Palomar 2014). Kraftpakete waren die Rotweine, gleichwohl mit gezügelter Kraft, gut ausbalanciert, mit gekonntem Holzeinsatz, Beeren-, Gewürz- und Röstnoten (Prometus 2013/ Castilla y Leon, Clos Mogador 2013/Priorat). Die Probe war eine beeindruckende Leistungsschau der Weinbaunation Spanien jenseits der berühmten Anbaugebiete Rioja und Ribera del Duero.

Die Festliche Weinprobe im April war den Weinen der Wachau (einschließlich Krems- und Kamptal) gewidmet. Auftakt waren ein eleganter Weiß- und Grauburgunder (Jamek, Bründlmayer). Leichte „Federspiele“ zeigten sich rassig und facettenreich (2015er Grüner Veltliner Ried Schön von Högl, 2015er Riesling Ried Steinriegl von Prager). Chardonnay- Smaragdweine von Knoll und Hirtzberger präsentierten sich großartig. Die Grünen Veltliner- Smaragde derselben Erzeuger überzeugten mit Komplexität, Fülle und Eleganz. An sie kamen nach meinem Eindruck die Riesling-Smaragde (Bründlmayer, F.X. Pichler) nicht ganz heran. Hohen Genuss boten die Rotweine aus Zweigelt und Pinot Noir (u.a. Jurtschitsch, Nigl). Schlussakkorde waren zwei edelsüße Weine: 2015 Gelber Muskateller BA von Türk, 2013 Riesling BA von Josef Fischer. Eine beeindruckende Präsentation des Gebiets, die vielleicht den Collegiaten Lust auf eine Reise an die Donau macht.

Eine Studienfahrt im Mai zeigte uns die Mosel von ihrer schönsten Seite. Das Programm eröffnete Stefan Justen vom Weingut Meulenhof mit einem kurzen weinhistorischen Kolleg in der Römerkelter in Erden. Dabei verkosteten wir unter anderem sein hochfeines 2013er Erdener Treppchen, das zum Bremer Senatswein geadelt wurde. Zweite Station war das Weingut Markus Molitor in Bernkastel-Wehlen. Es ist eine an der Mosel einzigartige Erfolgsgeschichte: 1984 mit nichts angefangen, hat es heute 100 ha Rebflächen, darunter 20 ha Große Gewächs- Lagen. Das in den Weinführern hoch dekorierte Gut stellte uns 12 Weine vor. Sie fanden bei den Collegiaten unterschiedlichen Anklang. Favoriten waren eine 2011er Wehlener Sonnenuhr Spätlese und zwei Auslesen aus dem Graacher Himmelreich (2015, 2007). Zum Abendessen im Restaurant Graacher Tor in Bernkastel stellte Dr. Thees Rieslinge aus dem Weingut Dr. Hermann aus Erden vor. Jeder einzelne davon konnte uns Riesling-Liebhaber begeistern. Eine solch schwebende Leichtigkeit, ein solch tänzerisches Spiel von Schiefer-Mineralik, Frucht, Süße und Säure ist einzigartig und bezaubert auch die Trocken-Trinker im Collegium.

Eine weitere Studienfahrt ging im August nach Franken. Kultureller Programmpunkt war eine Führung durch die Benediktinerabtei Münsterschwarzach. Wir besuchten dann zwei VDP- Weingüter, deren Weinstile die Persönlichkeiten ihrer Winzer widerspiegeln. Rudolf May in Retzstadt, nördlich von Würzburg in einem Seitental des Mains gelegen, hat sein Weingut erst 1999 gegründet und mit beharrlichem Qualitätsstreben in die Gebietsspitze geführt. „Nichts für Anfänger“ auf seine Broschüre zu schreiben, ist schon mutig, trifft aber den Punkt. Ein asketischer, ernsthafter (aber freundlicher) Mann, der puristische, voll durchgegorene, nicht auf Primärfrucht getrimmte Silvaner, Weißburgunder und Spätburgunder keltert, die ihre Lagen- und Rebsortencharakteristik perfekt herausarbeiten. Die gesamte Palette der verprobten Weine überzeugte, vom 2016er Silvaner Ortswein bis hinauf zur unfassbar guten 2015er Silvaner TBA.
Ein ganz anderer Typ Mensch ist Werner Glaser vom Weingut Glaser-Himmelstoß in Dettelbach, ein heiterer Kommunikator und Gastgeber. Sein Motto lautet: „ im Muschelkalk verwurzelt“, seine Stilistik zielt auf die Verbindung von Frucht und Mineralität. Gut gelingt ihm dies bei den trockenen Silvanern und Weiß-/Grauburgundern, die zugänglich sind und schöne Frucht zeigen. Jedes Jahr zur Gebietsspitze gehören seine edelsüßen Weine (2013er Dettelbacher Berg Rondell Müller Thurgau BA, 2016er Nordheimer Vögelein Silvaner Eiswein). Und er und seine Tochter Julia haben Mut zu Innovationen: 2015er Orange-Weine (lange auf der Maische vergoren wie Rotweine) aus Silvaner und Grauburgunder, mit ihren Würz- und Kräuternoten sehr interessante Essensbegleiter. Im Restaurant Himmelstoß des Weinguts klang unter Weinlauben der Tag mit einem Menü aus der fränkischen Regionalküche aus.

Die erste Vorstellungsprobe des Jahrgangs 2016 mit den Weinbaugebieten Ahr, Saale-Unstrut, Franken, Rheinhessen und Mosel fand am 27. Oktober statt. Auch in diesem Jahr war der „Evergreen“ unserer Veranstaltungen, mit dem wir einen aktuellen Überblick über die Weine des vergangenen Jahres bieten wollen, sehr gut besucht. Unsere Einladung, mit der wir eine qualitativ herausragende gute Probe ankündigten, wenn auch der 2016er gemeinhin eher als problematischer Jahrgang gesehen wird, war nicht übertrieben: Herr Dr. Thees konnte uns durch eine spannende Palette durchweg aromatisch reifer, reintöniger und schon sehr harmonischer Weine führen, die die Gebietsbeauftragten für uns ausgesucht hatten.
Besonders ragten dabei heraus die zwei wunderbar harmonischen, feinen Spätburgunder von den Ahr-Weingütern Deutzerhof und Julia Bertram und die beeindruckend klaren und geschliffenen Silvaner von den Weingütern Rainer Sauer und Rudolf May aus Franken. Aber auch die Mosel spielte in dieser 2016er-Probe ihre Stärken aus – nach den feingliedrigen, rassigen Kabinetten von den Weingütern Fritz Haag und Karthäuserhof bildeten die klassisch-elegante Spätlese aus dem Ürziger Würzgarten in der Kranklei (Weingut Dr. Hermann) und die opulente, tiefgründige Auslese aus dem Graacher Domprobst vom Weingut Blesius den krönenden Abschluss.
Auch das Essen vom neuen Küchenchef des Steigenberger Hotels in Bad Homburg, Herrn Kimmel, war zu loben – für viele Teilnehmer war es wohl das erste Mal, dass sie zur Ente einen Riesling („QbA Alte Reben“ vom Weingut Carl Löwen) und nicht einen Rotwein getrunken haben. Die Ente war ganz wunderbar und hat vorzüglich mit dem Wein harmoniert, was den Collegiatinnen und Collegiaten einen kräftigen Applaus wert war. Dass das so gut schmeckte, war eine lehrreiche Erfahrung, ganz im Sinne unseres Vereins.
Sehr erfreulich war auch, dass in dieser Probe neben einigen uns wohlbekannten etablierten Spitzenwinzern auch wieder junge Winzer zum Zug kamen, so wie die Brüder Knewitz vom Weingut Knewitz aus Appenheim/Rheinhessen und Florian Blesius vom Weingut Klaus Blesius aus Graach/Mosel.
Bei der zum Jahresschluss gebotenen Nachbetrachtung ist zu erwähnen, dass drei der sieben von unserem neuen Mosel-Gebietsbeauftragten Herrn Thiel vorgestellten Winzer – wohlgemerkt nach unserer Probe – für ihre 2016er Weine besondere Auszeichnungen erhalten haben: Fritz Haag wurde bei Eichelmann mit der „Kollektion des Jahres“ ausgezeichnet, Carl Löwen wurde von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zum „Winzer des Jahres“ gekürt und Florian Blesius erhielt vom wein.com magazin die Auszeichnung als „Bestes Riesling-Sortiment -Jungwinzer des Jahres 2017“. Schön, dass wir vorher schon mal deren Weine probieren konnten!
Auch die zweite Vorstellungsprobe war wieder zahlreich besucht, nachdem schon die 1. Probe hatte zeigen können, wo die Qualitäten dieses Jahrgangs liegen. Herr Dietzel hatte im letzten Jahr leider angekündigt, die Probenleitung abgeben zu wollen, und so führte Herr Sachs erstmals durch die Weine aus Baden, Hessischer Bergstraße, Mittelrhein, Pfalz, Rheingau, Sachsen und Württemberg.
An dem Abend zeigten sich einige sehr interessante und überraschende Kombinationen, wie zum Beispiel zwei kräftige, schmelzige Chardonnays aus den weit voneinander entfernten Regionen Baden (Weingut Engelhof) und Sachsen (Weinmanufaktur Am Mariaberg). Unter den Rotweinen tat sich besonders eine überzeugende Reihe von Spätburgundern der Weingüter Knap (Baden), Jülg und Bernhard Koch (beide Pfalz) hervor, die das ganze Spektrum von fein über aromatisch nach kräftig sehr schön abbilden konnte. Das gelungene Finale bildeten schließlich drei Riesling Spätlesen. Dabei begeisterten zwei große Rheingauer Lagen mit dem eleganten Erbacher Marcobrunn (Langwerth von Simmern) und der kraftvoll-spannenden Hochheimer Hölle (Domdechant Werner), wobei die dritte Spätlese vom Mittelrhein, einem Bopparder Hamm Engelstein (Matthias Müller), sich nicht zu verstecken brauchte.
Zwischenzeitlich wurde niveauvoll und mit Leidenschaft über die Entwicklung des Preisniveaus namhafter Weingüter und Lagen diskutiert. Einig waren sich aber alle, dass das herausragende Tellergericht bei der ersten Vorstellungsprobe kein Zufall war. Auch an diesem zweiten Abend haben uns Herr Kimmel und sein Team außergewöhnlich gut gekochte Speisen serviert.
An dieser Stelle danke ich den beiden Koordinatoren der Vorstellungsproben, Simon Sachs und Dr. Thomas Thees, für die vorstehenden Berichte!
Unser gastrosophischer Jahresausklang fand diesmal in einem der traditionsreichsten italienischen Restaurants in Frankfurt statt, dem Brighella an der Eschersheimer Landstraße. Restaurantleiter Mario Borazio und Chefkoch Leo Caporale stehen seit rund dreißig Jahren für gehobene italienische Ess- und Weinkultur in Frankfurt und haben sich auch als Schauspieler, Sänger und Steptänzer profiliert. Figuren der Commedia dell`Arte schmücken die Wände. Das fünfgängige Menü wurde von zwei Weinen je Gang, jeweils einer aus Nord- und Süditalien, begleitet. Darunter waren mutige, aber stimmige Kombinationen wie der Schreckbichl Gewürztraminer zum Steinbutt. Ein großer Wein ist der 2009 Inferi Montepulciano d´Abruzzo aus der Methusalem-Flasche, perfekt zu den vorzüglichen Kalbsbäckchen. Erfreulich zahlreiche Collegiaten und Gäste genossen einen stimmungsvollen italienischen Genussabend.

Viele kreative Gestalter haben das gelungene Veranstaltungsjahr ermöglicht, Gebietsbeauftragte, Organisatoren von Proben und meine Kollegen im Vorstand. Allen gilt mein herzlicher Dank, ebenso unserer unermüdlichen „Klub-Managerin“ Frau Machau, ohne deren Arbeit ich mir den Bestand unserer Gesellschaft kaum vorstellen kann.
Schon wieder ist ein Jahr vorbei! Freuen wir uns auf ein attraktives Programm des Collegium Vini für das Jahr 2018.
Für das neue Jahr wünsche ich Ihnen Gesundheit, Wohlergehen und viele schöne Weinerlebnisse.

Das letzte Wort hat wiederum Luther: „Sirach spricht, der Wein sei geschaffen, daß der Mensch fröhlich davon werde und das Leben stärke…“ ( Auslegung von Psalm 101).

Mit herzlichen Grüßen

Ihr
Dr. Klaus Schubäus
Präsident

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